Denn ich fresse nicht nur Jungfrauen!

Montag, 27. März 2017

Lesung: Darauf erst mal 'ne Fettbemme! Sigrid Kraft lässt aus ihrem neuen Roman »In einem fernen Land« lesen

Die Autorin Sigrid Kraft (l.) und ihr Verleger Tobias Fahnauer (r.)

Darauf erst mal 'ne Fettbemme!
Sigrid Kraft lässt ihren neuen Roman »In einem fernen Land« von ihrem Verleger Tobias Fahnauer verlesen.


Es gibt da diesen Effekt bei Unfällen, wo alle anfangen zu glotzen, und dann schlimmstenfalls noch mehr Unfälle gebaut werden. Inwiefern hier Folgeunfälle gebaut wurden und wenn ja, wie diese aussehen, bleibt offen, aber ein Unfall war es. Die Autorin Sigrid Kraft hatte es sich doch sehr leicht gemacht, als sie wieder einmal den Fauxpas vom vergangenen Jahr wiederholte und sich wieder auf die faule Haut legte, statt selbst ihren Roman zu verlesen. Stattdessen musste ihr Verleger Tobias Fahnauer in die Bresche springen und ihre Arbeit tun. Warum? Das weiß keiner. Ich erinnere mich aber an einen Facebook-Post der Autorin von vor über einem Jahr, in dem sie meinte, dass eine männliche Stimme besser zu ihren Figuren passen würde. Wie schon vor einem Jahr frage ich mich auch dieses Mal: Und was machen denn Hörbuchsprecherinnen, wenn sie männliche Rollen sprechen? Oder umgekehrt? Aber Frau Kraft weiß da natürlich voll Bescheid! Wehe, jemand sagt etwas anderes!

Die Besucher der Lesung werden jedenfalls an dieser Stelle über diese Kuriosität im Unklaren gelassen. Überhaupt werden sie über vieles im Unklaren gelassen. Wer die Autorin ist, was sie macht, was sie schreibt, worum es in ihren Büchern geht, wer ihre Charaktere sind, warum ich mir das antue, wieso sich sowas verkauft, warum dieselben Fehler des Vorjahres wieder haargenau wiederholt werden, warum kein Lerneffekt eintritt. »Friss oder stirb!«, lautet die Devise. Ardeen ist natürlich so toll, dass die Leute allein durch ihre Anwesenheit dazu motiviert werden, das Buch sofort zu kaufen! Nee, irgendwie nicht. Irgendwie riecht die Bemme in meiner Tasche da wesentlich ansprechender. Essen wäre jetzt nicht schlecht …


Der Trailer soll schon alles richten, scheint es. Nach drei lieblosen Einleitungsworten wird der Beamer angeschmissen und der Trailer flimmert über die Leinwand. Praktischerweise ist selbiger auch online einsehbar, sodass ich ihn hier präsentieren kann:


Während des Trailers bleiben tatsächlich einige Leute stehen und sehen zu. Die meisten davon verschwinden jedoch alsbald wieder, nachdem das Spektakel vorbei ist. Ich kann es ihnen nicht verdenken. Ich meine: Klappentexte kann ich auch animieren, wenn ich mich in die Technik des Animierens ein bisschen eingearbeitet habe. Das ist jetzt nicht wirklich beeindruckend und sagt mir immer noch nichts über das Buch. Und das hier war sogar noch weniger als ein Klappentext. Aussage: Nicht vorhanden. Dafür ein wunderschöner Schönheitsfehler. Ja, da steht wirklich: »… was davor geschah … und … was davor geschah«. Zusammen mit diesem nervigen Gejaule sagt mir der Trailer genau eines: Ich will dieses Buch ganz bestimmt nicht kaufen. Und eine Aussage darüber hinaus existiert schlicht nicht.

Das mit den Wiederholungen scheint aber wohl wirklich ein typisches Mittel des Buches zu sein, so gesehen vermittelt der Trailer also doch eine Aussage, die diese Bezeichnung verdient. Ich habe es leider nicht mit aufgenommen (s.u.), aber es folgt in der Lesung tatsächlich eine Textpassage, die besagt »Was wenige Minuten zuvor geschah« und dann exakt dieselben Sätze noch einmal wiederholt, die vor dieser Passage gelesen wurden. Da Herr Fahnauer sich da ausnahmsweise einmal nicht verhaspelte, scheint es tatsächlich so im Buch zu stehen.

Zum einen ist dieses »Was zuvor geschah« genauso abscheulich wie »Rückblende Anfang« und »Rückblende Ende« und zum anderen: Merkt man es nicht, wenn man ganze Sätze einfach mal direkt hintereinander copypastet? Herrgott! Dieses Lektorat gehört gefeuert! Zwischenüberschriften wirken immer so, als sei der Autor nicht in der Lage, oder zu faul, oder beides, sich einen Satz mehr aus den Fingern zu saugen und elegant dazu überzuleiten, was in der ferneren Vergangenheit oder drei Minuten zuvor passiert ist.

Die Bemme in meiner Tasche duftet immer verführerischer, die Leere in meinem Magen nach einem langen Messetag meldet sich. Mate wäre jetzt auch nicht schlecht, denke ich mir. Intravenös am besten. Dann bleibe ich vielleicht auch während der Lesung wach. Denn es ist wirklich eine Zumutung, Herrn Fahnauer zuzuhören. Er liest unmotiviert, mit einem starken Dialekt und verliest sich andauernd. Es ist einfach nicht mehr feierlich. Bevor ich hier noch verhungere oder entschlafe, zücke ich jedoch mein Handy und mache ein kleines Video, um das Ganze in Bild und Ton festzuhalten.


Oh, schau! Ein Ciri-Cosplay da hinten beim Pommesstand! Es gibt eindeutig zu wenige Witcher-Cosplays auf dieser Messe. Was? Prinz Raiden macht irgendwelche tollen Sachen? Hätte ich zuhören sollen? Tut mir leid. Wobei, eigentlich nicht. Vielleicht sollte ich eine Wette beginnen, ob das nächstes Jahr, wenn Frau Kraft wieder dabei ist, erneut so mies wird. Zücken da wirklich Leute ihre Geldbörsen, um sich das Buch zu kaufen? Nein, macht das nicht!

Jetzt hat sich Ciri ‘ne große Portion Pommes gekauft. Mein Magen knurrt. Ach, was soll’s. Darauf erst mal ‘ne Fettbemme! Sonst werd‘ ich noch unleidlicher. Demonstrativ packe ich also mein Essen aus und fange an zu essen. Wahrscheinlich wird die Wette langweilig, weil alle dasselbe tippen. Bis zum nächsten Jahr …


Die Veranstaltung: Tobias Fahnauer liest aus In einem fernen Land, Moderation: Sigrid Kraft, Messegelände, 26.3.2017, 14.30 Uhr

Das Buch: Sigrid Kraft: In einem fernen Land. Fahnauer Verlag, Dresden 2017, 362 Seiten, 15,00 Euro, E-Book 7,99 Euro

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